Wall | Erstausgabe
zur befestigten Siedlung der Bronzezeit bei Bernstorf / Kranzberg von Manfred Moosauer, Traudl Bachmaier, Rupert Gebhard und Franz Schubert |
Erste Seite
Erste Beschreibung
Konstruktion der
Die Funde und
Fotos:
|
Vorbericht zur Grabung 1995-1997Bei der Suche nach Eisenverhüttungsplätzen stießen Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier am Rande einer Kiesgrube nahe des Gutshofes von Bernstorf auf zusammengebackene, rot verfärbte und zum Teil glasig verschlackte Sande. Die Schlacken stammen aus einer 30 cm dicken und 3-4 m breiten Schicht unterhalb der Humusdecke. Zur Klärung der Situation wurde von H. Becker eine Magnetprospektion durchgeführt und anschließend nahe des Kiesgrubenrandes eine etwa 130 m2 große Fläche ausgegraben. Die Grabung wurde von Herrn Dr. med. Manfred Moosauer unter Mitarbeit von Traudl Bachmaier geleitet. Die Grabungsteilnehmer stammten aus der Gemeinde Kranzberg und Haimhausen. Unterstützung erfuhr die Grabung durch die Gemeinde Kranzberg und Bürgermeister M. Ankner, Archivar A. Berger, Familie Braun und Familie Adidinger. Für Genehmigung und Betreuung der Grabung ist Herrn Dr. E. Keller, Dr. St. Winghart, Dr. M. Pietsch und Herrn Dr. H. Becker vom Bayer. Landesamt für Denkmalpflege zu danken. Die stark verschlackte Zone im Boden zeigte sich danach als Nord-Süd verlaufendes Band, das zum Teil stark mit verkohlten Balkenreste durchsetzt war. Für den ungewöhnlichen Befund konnte zunächst keine Erklärung gefunden werden. Erste naturwissenschaftliche Untersuchungen der Schlacken ergaben jedoch einen sehr geringen Eisengehalt, weshalb Eisenverhüttung ausgeschlossen werden konnte. Parallel zur Grabung wurden umfangreiche naturwissenschaftliche Untersuchungen eingeleitet, die in der Abschluß-Publikation ausführlich dargestellt werden - Geologie: Dr. H. Unger, Prof. Dr. D.D. Klemm, Dr. P. Kresten; botanische Bestimmungen: Prof. Dr. A. Selmaier; Thermolumineszenzuntersuchungen: Dr. Chr. Goedicke; Radio-karbondatierung: Prof. Dr. M.A. Geyh; Bemsteinuntersuchung: Dipl.-Ing. G. Heck; Mössbauerspektroskopie: Dr. U. wagner. Beim Putzen des Profils der Kiesgrubenwand konnte 1996 die schwache Verfärbung eines Grabens beobachtet werden. Damit war sicher, daß es sich bei dem Befund wohl um die Reste einer abgebrannten Befestigungsanlage handelte. Daraufhin eingeleitete Recherche ergab, daß diese Befestigung seit Beginn dieses Jahrhunderts bekannt ist.TopographieDer Bernstorfer Berg ist eine spomartige Ausbuchtung des tertiären Hügellandes, die sich auf eine nahezu quadratische Fläche verbreitert. Er überragt den östlichen Randsaum des Amperufers heute um 55 Meter. Die gegenwärtige Topographie ist durch den von Norden eingreifenden Kiesgrubenbetrieb stark verändert. Etwa drei Viertel des ursprünglichen Siedlungsareals fehlen heute. Direkt am Steilabhang zur Amper beginnt ein frühmittelalterlicher, hufeisenförmiger Abschnittswall, der den höchsten Bereich des Berges befestigt. Dieser Wall wird in den einschlägigen Geländedenkmälerverzeichnissen aufgeführt. F. weber, Die vorgeschichtlichen Denkmale des Königreiches Bayern. 1. Bd. Oberbayern (München 1909)13: Mit der Bezeichnung ,,Erdwerk" könnte die bronzezeitliche Anlage gemeint sein.In Vergessenheit geriet dagegen die weit größere prähistorische Anlage.
|
WallverlaufDer Verlauf des Walles läßt sich heute nach den Ergebnissen der neueren Grabungen, Aussagen von am Kiesabbau beteiligten Personen sowie den noch im Gelände erhaltenen Spuren wie folgt rekonstruieren (Abb. 2): Die westliche Begrenzung der Siedlung bildet der Steilabhang der Amper. Die Hangkante ist im Bereich des hufeisenförmigen, mittelalterlichen Abschnittswalles künstlich abgearbeitet mit Resten einer kleinen Berme etwa 3 m unterhalb des Plate aus. An der Stelle, an der der Abschnittswall im Norden auf die Hangkante trifft, ist eine Überschneidung mit einem stark verflachten älteren Wall mit Graben erkennbar. Dieser setzt sich etwa 50 m nach Norden fort und knickt dann nach Nordosten ab. Nach etwa 50 m trifft der Wall/Graben auf einen modernen Weg. Am Anschnitt finden sich rot verziegelte Schlacken. Jenseits des Weges sind bis zur Aufschüttung des Deckhumus der Kiesgrube auf wenigen Metern noch geringe Spuren des Walles/Grabens erhalten.In Richtung Osten ist der Wall/Graben auf einer Länge von 450 m durch den Kiesabbau zerstört. Bei einer Ortsbesichtigung, veranlaßt durch P. Reinecke, beschreibt K. Schwarz diesen Bereich: ,,Am 15.10. besichtigte ich unter Führung von Herrn J. Haslberger die Befestigungsanlage. Sie liegt auf dem Bergsporn 1500 m südlich des Pkt. 441,2 bei Göttschlag (Karte 1:50 000 Blatt 70 Ost). Es handelt sich um einen auf der Stirn des Berges mächtigen hufeisenförmigen Wallgraben, wohl frühgeschichtlichen Alters. Etwa 300 m östlich davon bemerkt man an der Nordseite des Rückens und unmittelbar oberhalb der betriebenen Kiesgrube Reste eines randlichen Walles, an dessen Anschnitt rot gebrannte Lehmbrocken kenntlich sind. Es handelt sich dabei aber offenbar nicht um geformte Ziegel" Ortsakten Lf[) Aktenverrnerk P. Reinecke vom 29.8.1957 und K. Schwarz vom 15.10.1957. Angestellte des Kieswerkes erinnern sich, daß gleich unterhalb der Humusschicht immer wieder Holzreste und Schlacken waren, was sie damals veranlaßte, von einer niedergebrannten ,,Römermauer" zu sprechen. Befragung von Herrn Planierraupenfahrer Ortner durch M. Moosauer am 8.8. und 24.8.1997 mit Ortsbegehung. Nach der Skizze von Joseph Wenzl folgt die Befestigungsanlage der Hangkante bis zur damaligen Waldgrenze und biegt dann nach Süden ab. Der Nord-Süd verlaufende Abschnitt ist durch die Grabung und die Magnetprospektion Die Ergebnisse der Magnetprospektion werden zusammen mit allen anderen naturwissenschaftlichen Beiträgen ausführlich im Abschlußbericht dargestellt auf einer Länge von 120 m nachweisbar. Er steigt bis zum höchsten Punkt des Geländes an und knickt wohl südlich des Weges wieder nach Westen ab. Die genaue Lage der Südostecke soll durch eine erneute Magnetprospektion abgeklärt werden. Der Graben vor dem Abschnittswall wurde in diesem Bereich erst zwischen 1960 und 1970 verfüllt Auskunft von Herrn Ortner. Etwa 10 m westlich des Wegknickes wurde der Wall am Waldrand bei einer Planierung 1997 erneut angeschnitten. Er liegt dort an der Kante einer natürlichen Sandrippe, deren Verlängerung nach 400 m auf die südöstliche Ecke des mittelalterlichen Abschnittswalles trifft. Begehungen in dem abfallenden Gelände südlich und südöstlich des mittelalterlichen Abschnittswalles erbrachten bislang keinerlei Spuren weiterer Befestigungsanlagen. Es ist wahrscheinlich, daß sich der bronzezeitliche Wall unter dem südlichen Abschnitt des mittelalterlichen Walles fortsetzt. Die noch heute feststellbaren Spuren des Walles/Grabens bestätigen den von Wenzl in einer Skizze festgehaltenen Wallverlauf (Abb. 1). Die Anlage befestigte den Bergsporn Erste Beschreibung durch Josef WenzlIn Vergessenheit geriet dagegen die weit größere prähistorische Anlage. Deren erste Beschreibung verdanken wir Josef Wenzl. Josef Wenzl, Tagebuch aus dem Besitz der Familie Der Sage einer ,,versunkenen Stadt zwischen Tünzhausen und Kranzberg" nachgehend, beschrieb und vermaß er die Anlage erstmals im Jahre 1904: ,,Die Schanze ist durchwegs Erdwerk und zeigt gegen das Hügelende bei Bernstorf deutlich den Abschnittswall mit Graben. Auch senkt sich überall tiefer Graben, wo das Terrain es ermöglicht. Nur an dem Steilabsturz hat sie Wälle, die auf der innersten Tiefe sehr niedrig sind. Auf der rückwärtigen Verbindungsfläche liegt innerhalb der Schanze eine Art von Citadelle. Dieses Terrain ist bedeutend höher als der weiter nach vorn gegen die Enden der Hügelspange liegende Teil".Abb. 1 zeigt eine Skizze Wenzls, auf der die damalige Situation festgehalten ist. Bei seinen Besuchen der Schanze fielen Wenzel bereits Schlacken im Bereich des großen Grabenwerkes auf: ,,NÖ von der Schanze liegt an der Bekrönung der Hügelränder und an deren Absturz gegen die Amperniederung eine Anzahl von Stellen, die geradeso wie die heute untersuchte eine Anzahl von Häufen von rot gebrannten Lehmstaken aufweisen, darunter auch wieder große Stücke, die die Abdrücke von Baumrinde oder dergleichen aufweisen. J. Wenzl, Tagebucheintrag vom 12. Juli 1905. ,,Gegen das Ampertal stürzt der Steilhang jäh ab, dort hat er einen stumpfen Winkel. In diesem Winkel sind zwei Trichtergruben, beide unmittelbar am Wallrand. Die eine der beiden (die kleinere) zeigte vor Ort gebrannte Ziegelstücke (oder besser gebrannte Lehmerde)" J. Wenzl, Tagebucheintrag vom 21. Juli 1904. In den Trichtergruben beobachte Wenzel eine Schichtung, die sich mit der unten beschriebenen Situation in der Grabung deckt: ,,Eine merkwürdige Bedeckung des Bodens mit gebrannten Lehmziegeln zeigt sich. Diese scheint sich der Neigung der Trichtergrubenwand anzupassen, aber in der Weise, daß sie in Stufen abwärts steigt, etwa in folgender Art: Die Schicht ist stärker gebrannt, zeigt allenthalben die Eindrücke von vielen Blättchen, von den Balken, Baumrinde usw., stellenweise ist diese Schicht 30-40 cm stark. Unter ihr liegt ein Besatz 10 cm starker Kulturschicht von schwärzlicher Erde. Ab und zu mit schwachen Holzkohleresten dazwischen. In dem innersten Kessel der Grube ist ganz feiner Wassersand eingelagert in einer Stärke von etwa 25 cm. Die Untersuchung hatte der Bäume wegen nur in einem halbkreisförmigem Graben vorgenommen werden können. Stellenweise sind die Lehmstücke von schwarzen Bändern durchsetzt. Diese Erde ist gebrannt wie Bimsstein. Hier ist ein Band von Sand, durch Hitze verglaster Stein. Daher ist das Material hier bimssteinähnlich. Ebenso merkwürdige Stellen mit Ziegeltrümmern, auf denen Abdrücke von Laub und Holz zu sehen sind, fanden sich noch an 4-5 Stellen am Rande des Hügelzugs gegen die Amper. Ist das Ganze ein Palisadenwerk, das sich (hier) anschmiegt? J. Wenzl, Tagebucheintrag vom 28. Juli 1905Konstruktion
der Befestigungsanlage
Der Aufbau der Befestigungsanlage konnte durch eine sorgfältige Freilegung auf einer Fläche von 130 m2 untersucht werden. Dabei bereitete die Schlackenversturzzone Probleme. Da die Schlacken zahlreiche Balkenabdrücke aufwiesen, darunter zum Teil auch Konstruktionsdetails wie Überlagerungen von Balken, mußte die gesamte Schlackenschicht herauspräpariert werden. Dies erschwerte zunächst den Überblick über die Gesamtstruktur. Abb. 3 zeigt eine schematische Zusammenstellung der Pfostensetzungen. Zugleich ist der Verlauf der darüberliegenden Schlackenzone mit den größeren Konzentrationen verkohlter Balken eingezeichnet. Hinter der Mauerfront befindet sich eine Reihe von tiefen (>70 cm) Pfosten in annähernd regelmäßigen Abständen von etwa 3,5 m. Mit dieser Pfostenreihe korrespondiert im Abstand von 3-3,5 m eine zweite Reihe geringer eingetiefter Pfosten, die die innere Begrenzung der Mauer darstellt. Eine große Zahl kleiner (Durchmesser <10 cm), in den anstehenden Boden gerammter Pfosten im Südteil der Grabungsfläche sollte offenbar den in diesem Bereich stärkeren Geländeanstieg vor dem Abrutschen absichern. Bei 8 m nördlich des lokalen Meßnetz-Nullpunktes wurde eine außergewöhnlich tiefe Pfostengrube aufgedeckt. Deren Sohle lag etwa 200 cm unter der heutigen Oberfläche, der Grubendurchmesser betrug 30 cm. Der darin eingetiefte Balken hatte vermutlich eine besondere Bedeutung (Signalpfahl oder Kultpfahl?). Querprofil durch den Wall (Abb.
4 A)
Querprofile durch den Graben
(Abb. 4 B-C)
Das Längsprofil (Abb. 5) schneidet den Wallkörper ganz an dessen Innenseite. Die randliche Lage bedingt, daß sich dort keine Ascheninfiltrationszone unter der Brandschicht erhalten hat. Deutlich sichtbar ist der Hanganstieg nach Süden, der durch zahlreiche kleine, durch den Brand inkohlte Pfosten gegen ein Abrutschen gesichert wurde. Ein weiteres Profil wurde 1,5 m östlich angelegt. In diesem Bereich zeichnen sich bereits deutlich die Querhölzer des Balkenwerkes ab, das den Wallkörper bildet. Die Schichtenabfolge der Längsprofile entspricht der Beschreibung des Querprofils in der Abfolge von oben nach unten: Humus, Glasschlacken, Holzkohleschicht mit verbrannten Balkenresten, Ascheschicht, Infiltrationszone der Asche im gewachsenen Boden. Konstruktionsdetails und Rekonstruktionsvorschlag Die Konstruktion der Anlage läßt
sich anhand der oben beschriebenen Profile, mehrerer Detailplana und der
Informationen, die die Holzabdrücke auf den verglasten Schlacken bieten,
abklären. Die untersuchten Hölzer waren ausschließlich
aus Eiche.
Die Funde und die Zeitstellung der Befestigungsanlage Im Bereich des Walles befanden sich
nur wenige Funde. Die grob gemagerte Keramik ist bronzezeitlich. Fragmente
von zwei Gefäßen sind mit gegenüberstehenden schraffierten
Dreiecken (Sanduhrmuster) bzw. verzahnten Dreiecken verziert, Verzierungsarten,
die in der mittleren Bronzezeit belegt sind. H. Koschick, Die
Bronzezeit im südwestlichen Oberbayern. Materialheft. Bayer. Vorgesch.
50 (1981) Taf. 26,3.6; 27,6. An Kleinfunden sind ein
Klopf- und ein Reibstein sowie verschiedene Silices erwähnenswert.
Herausragend ist ein durchbohrtes, 5 cm langes Bernsteinstück. Nach
der Bestimmung von R. Heck handelt es sich um baltischen Bernstein, wahrscheinlich
aus dem Bereich von Usedom. Bronzefunde wurden während der Ausgrabung
nicht gemacht. Aus der Zeit des Kiesabbaus gibt es jedoch zahlreiche Berichte
über Bronzefunde, die zur Zeit allesamt verschollen sind.
Faßt man die gegenwärtigen Anhaltspunkte für eine Datierung der Holzmauer zusammen, so ergeben die naturwissenschaftlichen Datierungen eine mögliche Zeitstellung etwa um den Beginn der Mittelbronzezeit, die archäologischen Funde weisen allgemein auf eine mittelbronzezeitliche Zeitstellung hin. Die befestigte Siedlung von Bernstorf
liegt in einer nahezu unerforschten Siedlungskammer, deren einstige Bedeutung
sich an den zahlreichen Grabhügeln in unmittelbarer Umgebung ablesen
läßt. Im Umkreis von 8 km finden sich mehr als zehn, zum Teil
größere Grabhügelgruppen (Tünzhausen, Kranzberg, Leonhardbuch,
Pelka). Insbesondere in der Nekropole von Pelka befinden sich Grabhügel
mit Durchmessern von über 20 m. Mittelbronzezeitliche Funde, eine
Nadel, ein Schwert und ein Dolch stammen vom Bau der Autobanhnbrücke
über die Amper 1937 bei Thurnsberg, 4 km südlich unserer Fundstelle.
Prähistorische
Staatssammlung München Inv. 1937, 36-37 (Schwert und Dolch); 1940,
5 (Nadel). Zum Schwert vgl. P. Schauer, Die Schwerter in Süddeutschland
und der Schweiz I(1971) 66, Nr.218.
Obwohl von den Grabhügeln keine offiziellen Grabungen vorliegen, ist
ein Zusammenhang zwischen dem gehäuften Auftreten der Nekropolen und
der befestigten Siedlung von Bernstorf augenscheinlich.
|